Entflechtung des REGIOMED-Klinikverbunds

Landkreis Sonneberg übernimmt MEDINOS Kliniken zum 1. November 2024 und setzt Sanierungskonzept um


Im Rahmen der Insolvenz im Eigenverwaltungsverfahren und der Entflechtung des Klinikverbunds REGIOMED übernimmt der Landkreis Sonneberg alleinige Verantwortung für die Krankenhausbetriebsgesellschaft und die dazugehörigen medizinischen Einrichtungen im Kreisgebiet. Auf Beschluss des Kreistages Sonneberg erfolgt zum 1. November 2024 die Überführung der MEDINOS Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH mit den Standorten Sonneberg und Neuhaus am Rennweg und der angegliederten MEDINOS MVZ GmbH in alleinige Trägerschaft des Kreises. Ab diesem Zeitpunkt sind die beiden Gesellschaften zudem mit der Erbringung der entsprechenden medizinischen Leistungen im Kreisgebiet beauftragt.

Außer dem Landkreis Sonneberg hatte kein weiterer potentieller Investor ein Übernahmeangebot für die insolvente Krankenhausbetriebsgesellschaft abgegeben. In Folge hatte der Gläubigerausschuss des REGIOMED-Insolvenzverfahrens einem Abschluss mit dem Landkreis Sonneberg zugestimmt. Die Übernahme durch den Landkreis Sonneberg steht unter dem Vorbehalt einer einhergehenden finanziellen Unterstützung durch den Freistaat Thüringen, die Ministerpräsident Bodo Ramelow zugesichert hatte. Bereits zum 1. September 2024 wurde in Bezug auf den Kreis der Rettungsdienstbetrieb von der ASB Rettungsdienst Thüringen gGmbH und das Sonneberger Seniorenzentrum „Wohnen im Alter“ von der AWO AJS gGmbH übernommen.

Wichtigstes Ziel des Landkreises Sonneberg ist und bleibt die nachhaltige Sicherung einer bedarfsgerechten und tragfähigen medizinischen Versorgung für unsere Bevölkerung sowie die zukunftsfähige Fortentwicklung der beiden Standorte Sonneberg und Neuhaus am Rennweg. Um dieses Ziel zu erreichen, werden mit der Übernahme dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen eingeleitet, um das kommunale Klinikunternehmen nachhaltig sichern zu können.

Grundlagen des Sanierungskonzepts sind die umfassend ausgearbeiteten Zukunfts- und Sanierungskonzepte aus der Zeit des REGIOMED-Eigenverwaltungsverfahrens sowie eine fundierte gutachterliche Analyse vom September 2024, die wesentliche Optimierungspotentiale für die MEDINOS Kliniken GmbH mit den Standorten Sonneberg und Neuhaus am Rennweg zum Ergebnis hatte.

Zur Klinikrettung sind Umstrukturierungen unumgänglich

Angesichts der seit Jahren defizitären Entwicklung der kommunalen Krankenhäuser in unserer Region ist klar, dass es auch für die Fortführung der MEDINOS Kliniken aus der Insolvenz in Eigenverwaltung heraus kein „Weiter so“ geben kann. Deshalb passt der Landkreis Sonneberg als alleiniger Gesellschafter der MEDINOS Kliniken GmbH noch vor Jahresende die Leistungsportfolios der Kliniken in Sonneberg und Neuhaus am Rennweg an. Das Klinikum Neuhaus am Rennweg wird zukünftig als vollständig ambulanter Versorger aufgestellt, die akutstationäre Versorgung wird ab diesem Moment auf das Klinikum Sonneberg konzentriert. Als Kernstück des Sanierungskonzepts hat diese Maßnahme den größten Sanierungseffekt. Doch auch am Standort Sonneberg wird es im Hinblick auf eine bedarfsgerechte und wirtschaftlich sinnvolle Patientenversorgung Anpassungen geben. 

Das Krankenhaus Neuhaus am Rennweg
Das Krankenhaus Neuhaus am Rennweg

Der Landkreis Sonneberg ist sich seiner Verantwortung für die Erfüllung des Versorgungsauftrags in der Region bewusst. Ziel ist es, die Versorgung im Kreis stärker auf die tatsächlichen Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger auszurichten und im Einklang die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Einrichtungen nachhaltig zu sichern. Mit Blick auf die Veränderungen in den Fallzahlen und die anstehende Krankenhausreform des Bundes sind zwei akutstationäre Kliniken in großer Nähe zueinander jedoch finanziell nicht mehr haltbar. Deshalb ist es wichtig, mit einem umfassenden Transformationsprozess jetzt frühzeitig ein ganzheitliches Leistungsgleichgewicht zwischen den medizinischen Einrichtungen in der Region zu entwickeln.

Das Sanierungskonzept sieht im Einzelnen folgende konkrete Maßnahmen vor:

  • Die bislang am Standort Neuhaus am Rennweg abgedeckten stationären Leistungen werden am Standort Sonneberg zusammengeführt. Das Klinikum Neuhaus am Rennweg wird schrittweise bis Jahresende zu einem vollständig ambulanten Versorger umgewandelt. So können die personellen und infrastrukturellen Kapazitäten bestmöglich im Sinne der Patientinnen und Patienten genutzt werden.
  • Zusätzlich soll das Leistungsangebot im ambulanten Bereich umfangreich ausgebaut werden, beispielsweise durch Kassensitze in der Allgemeinmedizin und der Radiologie, ambulante Therapieangebote, kooperierende Laborfunktionen, ggf. ein Sanitätshaus sowie eine Apotheke. Die angegliederte MVZ-Struktur soll planmäßig durch weitere Kooperationen und Arztsitze wachsen.
  • Nicht länger tragfähige Leistungen verteilen sich auf die Einrichtungen in der Umgebung. Die medizinischen Einrichtungen befinden sich untereinander in enger Abstimmung und im regelmäßigen Austausch, um Versorgungslücken zu vermeiden.

Darum sind die Sanierungsmaßnahmen wichtig und zielführend:

Diese Strukturanpassungen versetzen den Landkreis Sonneberg und sein kreiseigenes Unternehmen in die Lage, die stationäre medizinische Versorgungssicherheit in der Region dauerhaft gewährleisten zu können. Sie sind insbesondere notwendig, um die MEDINOS Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH kreditwürdig und damit handlungsfähig auszugestalten und um den Neustart aus der Insolvenz möglich zu machen. Ohne diese Sanierungsmaßnahmen hat die neue Krankenhausgesellschaft keine positive Fortführungsprognose und damit keine nachhaltige Zukunft.

Zum langfristigen Weiterbetrieb des Standortes Neuhaus am Rennweg setzt der Landkreis Sonneberg auf eine konsequente Ambulantisierung. Diese strategische Neuausrichtung ist im Sinne der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen sowie der Landesärztekammer, die sich jüngst angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen bei der Umsetzung des neuen Thüringer Krankenhausplans ebenfalls klar für eine Ambulantisierung ausgesprochen haben. Eine entsprechende Umwandlung des Standortes ist bereits seit einigen Jahren in Planung. Zum Erhalt der kommunalen Krankenhausgesellschaft ist sie nunmehr unaufschiebbar. Von ebenfalls entscheidender Bedeutung bleibt weiterhin die mehrfach zugesagte finanzielle Unterstützung der kommunalen Klinikrettung durch den Freistaat Thüringen, auf die der Landkreis Sonneberg im Namen unserer Bevölkerung und unserer Beschäftigten weiter baut.

Mit der Umsetzung des stringenten Sanierungskonzepts für die MEDINOS Kliniken ist der Landkreis Sonneberg zusammenfassend in der Lage, folgende wichtige Ziele zu erreichen:

  1. Wir sichern in unserem Landkreis Sonneberg für unsere Bevölkerung weiterhin eine bedarfsgerechte und tragfähige akutmedizinische Versorgung in kommunaler Hand.

  2. Wir erhalten beide Standorte der MEDINOS Kliniken – Sonneberg und Neuhaus am Rennweg – als wesentliche Stützpfeiler der medizinischen Versorgungsinfrastruktur im Landkreis Sonneberg und wir sichern einen sehr hohen Anteil der Arbeitsplätze unseres kommunalen Klinikunternehmens und der angeschlossenen medizinischen Einrichtungen.

  3. Wir tragen den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den durch die Krankenhausreform des Bundes absehbaren Entwicklungen im Klinikbereich insbesondere im Hinblick auf eine stärkere Ambulantisierung gezielt Rechnung und stärken die Resilienz unseres kommunalen Klinikunternehmens zum Wohle unserer Bevölkerung und unserer Beschäftigten.

  4. Wir bauen insbesondere am Standort Neuhaus am Rennweg gezielt die ambulante Versorgung aus und prüfen einhergehend die Aufstockung der Kapazitäten im Rettungsdienst, um eine bedarfsgerechte Notfallversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger weiterhin auf hohem Niveau sicherzustellen.

Antworten auf wichtige Fragen im Zuge der Umwandlung


Was bedeuten die Strukturanpassungen für die Patientinnen und Patienten?

Durch die Umstrukturierungen wird die MEDINOS Kliniken GmbH an den beiden Standorten nicht mehr alle gewohnten Leistungen anbieten. Noch vor Jahresende wird das Klinikum Neuhaus am Rennweg schrittweise sein Leistungsangebot vollständig auf den ambulanten Bereich umwandeln. In einer Vorstufe wird die Notaufnahme Neuhaus am Rennweg bereits ab dem 1. November 2024 nur noch in den Kernzeiten von 7 bis 19 Uhr besetzt sein. Zum 6. Dezember 2024 erfolgt die Niederlegung der akutstationären Versorgung am Standort Neuhaus am Rennweg und damit die Schließung der örtlichen Notaufnahme. Die akutstationäre Versorgung übernimmt ab diesem Zeitpunkt der Klinikstandort Sonneberg. Dies bedeutet auch, dass der Rettungsdienst zukünftig nicht länger das Krankenhaus Neuhaus am Rennweg anfahren wird, sondern die akutstationären Versorger in regionaler Nähe. Um insbesondere für die Bevölkerung unserer Rennsteigregion weiterhin eine bedarfsgerechte Notfallversorgung auf hohem Niveau sicherzustellen, prüft der Landkreis Sonneberg eine Aufstockung der Kapazitäten im Rettungsdienst. Die nächstgelegenen zur Verfügung stehenden Notaufnahmen befinden sich dann in Sonneberg, Saalfeld, Suhl und Hildburghausen. In Notfällen ist der Rettungsdienst unter Telefon 112 und der ärztliche Bereitschaftsdienst unter Telefon 116117 erreichbar. Die Patientinnen und Patienten sowie die Einweiser werden durch die Klinikleitung über die Anpassungen informiert.

Wie geht es mit den Beschäftigten weiter?

Grundsätzlich sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der neuen Gesellschaft zu den bestehenden Konditionen weiterbeschäftigt werden. Die Anpassung in den Leistungsportfolios der beiden Klinikstandorte führen jedoch zugleich auch zu Personalanpassungen beide Standorte betreffend – durch Umzüge nach Sonneberg, Versetzungen in andere Bereiche oder Teams sowie teilweise auch betriebsbedingte Kündigungen im niedrigen zweistelligen Umfang nach einem Sozialplan. Die Klinikleitung ist hierzu mit den betreffenden Beschäftigten sowie auch mit dem Betriebsrat in engem Austausch. Über die notwendigen Umstrukturierungen wurden die Beschäftigten vorab in Mitarbeiterversammlungen informiert. Dem Landkreis Sonneberg und der Klinikleitung ist bewusst, dass die beschlossenen Veränderungen für die betreffenden Beschäftigten nicht einfach sind. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MEDINOS Kliniken und der angeschlossenen medizinischen Einrichtungen gilt aufrichtiger Dank für ihre tägliche Arbeit zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten in diesen besonders herausfordernden Zeiten sowie für die Bereitschaft, nach den Monaten des Insolvenzverfahrens nun auch die notwendigen Sanierungsschritte mit zu gehen.  

Wer wird Geschäftsführer der neuen Klinikgesellschaft?

Wie bereits bekanntgeworden, verlässt der bisherige Klinikdirektor Michael Renziehausen die MEDINOS Kliniken bereits Ende November 2024 auf eigenen Wunsch und aus persönlichen Gründen. Der Landkreis Sonneberg hatte sich mit Landrat Robert Sesselmann an der Spitze intensiv darum bemüht, kurzfristig eine fachlich und persönlich geeignete Nachfolge für die Geschäftsführung der neuen kreiseigenen Klinikgesellschaft zu finden. In Folge stattgefundener Gespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern konnte dem Kreistag Sonneberg in der Kreistagssitzung vom 22. Oktober 2024 ein Personalvorschlag unterbreitet werden, der mehrheitlich beschlossen wurde. Im Ergebnis wird Rene Klinger zum 1. November 2024 als neuer Geschäftsführer der MEDINOS Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH bestellt und eingearbeitet. Der 51-Jährige Diplom-Kaufmann und Master of Business Administration (MBA) verfügt über langjährige Erfahrungen im Management von privaten und kommunalen Gesundheitseinrichtungen.

Was hat der Landkreis Sonneberg getan, um die Klinik Neuhaus am Rennweg als stationären Versorger zu erhalten?

Der Landkreis Sonneberg hat mit Landrat Robert Sesselmann an der Spitze in den zurückliegenden Monaten zahlreiche Gespräche mit potentiellen Partnern geführt, um die Auslastung und damit die Wirtschaftlichkeit des Klinikstandorts Neuhaus am Rennweg zu verbessern. Den verschiedenen Ansätzen und Ideen wurde dabei maximaler Raum gelassen. Diese reichten vom Einstieg bzw. der Übernahme anderer Krankenhausbetreiber bis hin zur Etablierung zusätzlicher Abteilungen und stationärer bzw. teilstationärer Leistungen. Trotz dieser großen Bemühungen fand sich im Ergebnis für den Landkreis Sonneberg jedoch kein Partner, um den Klinikstandort Neuhaus am Rennweg im stationären Bereich zu stärken. Die Umwandlung in ein ambulantes Gesundheitszentrum ist daher notwendig, um den Medizinstandort Neuhaus am Rennweg nachhaltig zu sichern und zukunftsorientiert zu gestalten.

In welchem Umfang sind Landesmittel zur Klinikrettung notwendig und vom Landkreis Sonneberg beim Thüringer Gesundheitsministerium beantragt?

Die Übernahme der insolventen Krankenhausbetriebsgesellschaft durch den Landkreis Sonneberg ist essentiell, um die stationäre Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung vor Ort zu sichern und um die Arbeitsplätze unserer rund 780 Klinikbeschäftigten zu erhalten. Damit der Landkreis Sonneberg zum 1. November 2024 eine eigene Krankenhausbetriebsgesellschaft gründen und diese nachhaltig etablieren kann, ist die Unterstützung des Landes von entscheidender Bedeutung. Konkret hat der Landkreis Sonneberg einen Zuschuss vom Freistaat Thüringen zum 1. November 2024 in Höhe von 1.856.000 Euro sowie weitere 400.000 Euro zur Gründung der neuen Krankenhausbetriebsgesellschaft beantragt. Der Landkreis Sonneberg wird hierzu über einen Nachtragshaushalt im laufenden Jahr Eigenmittel in Höhe von 1.220.000 Euro zur Verfügung stellen. In den Jahren 2025 und 2026 ergibt sich ein Liquiditätsbedarf der kommunalen Klinikgesellschaft in Höhe von 8,5 Millionen Euro, zu deren Finanzierung der Landkreis Sonneberg ebenfalls entsprechende Landesmittel beantragt hat. Der Landkreis Sonneberg und die Beschäftigten der Kreiskrankenhäuser setzen auf den Freistaat Thüringen, die gemeinsamen Bemühungen zur Rettung der kommunalen Klinikgesellschaft gemeinsam in die Tat umzusetzen.

Update vom 30. Oktober 2024:
Freistaat Thüringen unterstützt Klinikrettung


Entsprechend der vom Landkreis Sonneberg beantragten Landeshilfen unterstützt der Freistaat Thüringen die Übernahme und Sicherung der Krankenhausbetriebsgesellschaft aus der Insolvenz heraus. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2024 bestätigte das Thüringer Gesundheitsministerium zunächst einen Zuschuss des Freistaates Thüringen in Höhe von 2,256 Millionen Euro zur Gründung der neuen Krankenhausbetriebsgesellschaft. Am 30. Oktober 2024 beschloss zudem der Haushalts- und Finanzausschuss des Thüringer Landtags einstimmig nach Prüfung des Sanierungskonzeptes, der MEDINOS Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH ein zinsloses Darlehen in Höhe von insgesamt 8,5 Millionen bereitzustellen. Damit steht dem Neustart der kreiseigenen Krankenhausbetriebsgesellschaft zum 1. November 2024 aus der Insolvenz heraus nichts mehr im Weg. Die Rettung des kommunalen Klinikunternehmens – und damit die Sicherstellung der stationären Gesundheitsversorgung im Kreis und der Erhalt der Großteils der rund 780 Arbeitsplätze an den Standorten Sonneberg und Neuhaus am Rennweg – ist somit gelungen. Zugleich unterstützte der Freistaat Thüringen auch den Nachbarlandkreis Hildburghausen in ähnlich gelagerter Form zur Übernahme und Fortführung der kommunalen Klinik Hildburghausen.

Der Landkreis Sonneberg und seine MEDINOS Kliniken danken dem Freistaat Thüringen in aller Form für die finanzielle Unterstützung bei der so wichtigen Klinikrettung.